2015 wurde ich Teil einer engagierten Gruppe von Gablitzer:innen, die den Verein Team Gablitz-Flüchtlingshilfe gründete. Unser Ziel war es, das Ankommen der Schutzsuchenden in unserem Ort zu erleichtern, ihnen das Gefühl zu geben: Ihr seid angenommen.

Von Karin Tschare-Fehr

Wir sahen die Notwendigkeit, für die neuen und die „alten“ Gablitzer:innen eine Brücke zu bauen, damit hier alle gemeinsam gut miteinander leben können. Wir entwickelten in vielen Sitzungen, wie das Miteinander gut funktionieren könnte. Dazu bildeten wir ein Deutsch-Team, das den Schutzsuchenden täglich von Montag bis Freitag in vier Niveaustufen in Kleingruppen die deutsche Sprache nahebrachte. Darüber hinaus mieteten wir für die neuen Gablitzer:innen Wohnungen und halfen auch bei deren Ausstattung. Neben den Herausforderungen des Alltags, war auch das Kennenlernen ein sehr wichtiger Punkt für uns. Wir eröffneten im Pfarrheim, gemeinsam mit der Pfarrcaritas, ein Begegnungscafé, das wöchentlich stattfand und das bis heute fortgeführt wird. Bei Kaffee, Kuchen und Obst, ist Zeit und Raum, offizielle Briefe, besonders zu den Asylverfahren, zu übersetzen, Amtswege und Termine zu koordinieren, medizinische Fragen und viele Fragen auch zum Leben in Österreich zu beantworten. Dazu war dieser Raum auch offen für einen gegenseitigen Austausch, der mit Abbau der Sprachbarriere immer besser ging. Wir waren sehr oft sehr erstaunt darüber, mit welchem Eifer und welcher Geschwindigkeit einige die Sprache erlernten. Manche hatten in weniger als einem Jahr ein Niveau von B2 erreicht.

Schwierige Asylverfahren

Wir bereiteten unsere „Schützlinge“ auch auf ihre Asylverfahren vor und begleiteten sie auch zu ihren Terminen. Ich ging mehrmals zu Terminen beim BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) und später auch bei Gericht in den Berufungsverfahren mit und konnte dort erleben, wie Beamt:innen, Richter:innen und auch Dolmetscher:innen, willkürlich, ganz besonders bei afghanischen Schutzsuchenden, gegen diese entschieden. Die negativen Bescheide danach trafen unsere Schutzsuchenden massiv. Sie verfielen in Depression und einige verübten Suizidversuche. Diese Bescheide trafen auch uns Helfende tief ins Herz.

2015 war der Besuch von anerkannten Deutschkursen nur Asylberechtigten möglich. Die Prüfungsgebühren und die Fahrkosten konnten von den Schutzsuchenden nicht geleistet werden und daher kam auch dafür unser Verein auf.

Wir richteten mit den Schutzsuchenden gemeinsame Feste und Kochworkshops aus, um Traditionen zu vermitteln und kennenzulernen. Für unsere Vereinsarbeit erhielten wir 2016 den Preis Orte des Respekts für Niederösterreich verliehen.

Dieser Preis zeigte uns, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, gut ist.

Schutzsuchende, die Österreich aufgrund der negativen Asylbescheide wieder verlassen mussten und nun entweder in ihrem Heimatland oder in einem anderen europäischen Land leben, sind mit uns weiter in Kontakt. Wir hören von ihnen, dass sie in Gablitz das erste Mal, wie Menschen, mit Respekt behandelt wurden und dass Gablitz ihre Heimat sei.

Gelebte Integration

Rückblickend auf diese 10 Jahre möchte ich mich bei all diesen Menschen, die aus ganz verschiedenen Ländern und Kulturen kamen und weiterhin kommen, bedanken. Ich wurde und werde durch diese Begegnungen beschenkt und mein Horizont hat sich erweitert.

Ich habe ganz außerordentliche Menschen kennengelernt, die alles aufgegeben und verloren hatten, und die sich voller Eifer um ein würdiges Leben in Österreich einsetzten und dies auch weiter tun.

Wir in Gablitz zeigen gelebte Integration. Alle unsere Schutzsuchenden haben mit unserer Begleitung gute Ausbildungen und Arbeitsplätze geschafft und sind nun Teil unserer Gesellschaft. Viele haben die österreichische Staatsbürgerschaft oder dauerhafte Arbeitstitel erreicht.

Die Zivilgesellschaft springt vielfach ein, wie am Bespiel von Gablitz-hilft zu sehen ist, wo der Staat seine Aufgaben nicht erfüllt. Und gibt dem Staat dadurch die Möglichkeit, die passenden Strukturen aufzubauen. Diese großen Leistungen der Zivilgesellschaft besonders seit 2015 werden jedoch von der Politik nicht wahrgenommen, nicht gewürdigt und stattdessen oft blockiert.

Schutzsuchende werden von den Behörden vernachlässigt. Das Potential der Menschen wird somit in den langen Asylprozessen, in denen diese nicht arbeiten dürfen und keine Ausbildungsmöglichkeiten erhalten, vergeudet. Oft sind das gerade die „besten Jahre“, in denen Österreicher:innen ihre Karriere starten und ihre Lebensgrundlage aufbauen. Schutzsuchenden bleibt diese Chance somit für das gesamte Leben verbaut. Meine Erfahrungen zeigen ganz deutlich, dass sich Begegnung auf Augenhöhe auszahlt. Wir brauchen für die Zukunft einen Zusammenhalt in der Gesellschaft und der Verein Gablitz hilft-Flüchtlingshilfe zeigt, wie dies gelingen kann.