Als Ali Rezai 2015 in Österreich ankam, war er bereits 19 Jahre alt. Als junger Erwachsener hatte er keine guten Voraussetzungen für einen Start in Österreich. Aber mit Hilfe engagierter Menschen hat er viele Hürden erfolgreich gemeistert.

Von Karoline Janicek

Im Gespräch erzählt er, dass er in Afghanistan die Schule bis zur 6. Klasse besucht hat. Seine Stationen auf seinem Weg nach Österreich klingen bekannt: Als Junge noch im Iran, wo er im Keller hausen musste und gearbeitet hat, bis er dann über Umwege, die er nicht schildern möchte, endlich nach Traiskirchen kam. Dort war er vier Monate untergebracht. Ali Rezai berichtet, dass er das Riesenglück hatte, von einer Familie in Wien aufgenommen worden zu sein, bei der er zwei Jahre wohnen konnte. Der Anfang war eine große Herausforderung, Ali Rezai nennt die Schlüsselwörter: Sprache und Kultur. „Alles war neu“, erzählt der kommunikative und sympathische 29-Jährige, der heute Krankenpflegeassistent in der Wiener Klinik Donaustadt ist.

Die österreichische Gastfamilie war wohl auch an einem wesentlichen Wendepunkt seiner Geschichte wichtig: Als er von Traiskirchen nach Salzburg Land verlegt wurde, holten sie ihn von der Einrichtung ab und er konnte zwei Jahre bei der Familie einziehen. „Am Land war ich einsam. Ich wollte in die Großstadt und mehr Menschen um mich haben, die Schule und Kurse besuchen, die Sprache gut lernen“, vermittelt er im Interview sehr offen.

Ausbildung dank connecting people

Am Beginn seiner Bildungslaufbahn in Österreich stand der Deutschkurs bei Interface, einer gemeinnützigen GmbH der Stadt Wien, die Ankommende mit Bildungs- und Beratungsangeboten unterstützt. Dort hat er den Pflichtschulabschluss nachgeholt. Diese Zeit, so sagt er im Interview, hat er in besonders guter Erinnerung. Die Lehrenden hätten ihm sehr geholfen und er war trotz der Schwierigkeiten beim Lernen motiviert.

Ali erzählt auch, dass er im Rahmen des Projekts connecting people eine Patin hatte, die ihn sehr unterstützt hat und dass nach dem Schulabschluss sein Berufswunsch war, als pharmazeutischer Assistent zu arbeiten. Dabei vermittelte ihm seine connecting people-Patin eine Praktikumsstelle in einer Apotheke. Durch die Corona-Epidemie ist ein bereits fixiertes Praktikum in einer Apotheke nicht zustande gekommen. „Das war eine große Katastrophe, ich wusste nicht mehr weiter.“, erzählt Ali.

Für ihn war aber klar, dass er im Fachbereich Pharmazie, Medizin und Pflege oder Ähnliches bleiben möchte und hat sich 2021 für den Aufnahmetest an der Schule für Sozialbetreuungsberufe in Mistelbach angemeldet. Dass er den Aufnahmetest und die Ausbildung positiv beendet hat, macht ihn bis heute sehr stolz.

Diese Ausbildung dauert zwei Jahre und in dieser Zeit zeigte sich wieder, wie gut vernetzt Ali zu diesem Zeitpunkt schon war. Da er ja in Wien wohnt, organisierte er sich eine Mitfahrgelegenheit mit Schulkollegen im Auto.

Ende 2022 hat er die Fachschule als Pflegeassistent und Fachsozialbetreuer abgeschlossen. Was fällt ihm zu dieser intensiven, aber erfolgreichen Phase seines Lebens ein? „Es war sehr anstrengend und eine große Herausforderung, aber ich bin heute so glücklich, dass ich es geschafft habe.“

Der einzige Afghane

Wie nebenbei erwähnt er, dass er auch den Führerschein gemacht hat und die B1-Prüfung des ÖSD erfolgreich absolviert hat.  Auf die Frage nach seinem Rechtsstatus erzählt er, dass er ursprünglich subsidiären Schutz hatte, dann den Konventionspass als anerkannter Flüchtling erhalten hat, auch dies ein Meilenstein, der ihn sehr beruhigt hat. „Ich wollte nie zurück nach Afghanistan, ein Land im Krieg“, ergänzt er. Solange er den subsidiären Schutz hatte, war er nervös, abgeschoben zu werden. Der positive Asylbescheid ist daher ganz sicher einer seiner wichtigsten Momente in Österreich gewesen.

Auf seine Zukunftspläne angesprochen, weiß er sofort eine Antwort: „Der größte Wunsch ist die österreichische Staatsbürgerschaft. Ich habe sie vor einem Jahr beantragt und bei der MA 35 lang auf einen Termin gewartet.“ Im April 2026 hofft er, alle Unterlagen und die nötigen Schritte erledigt zu haben. Seine Mutter und seine Schwester leben noch in Afghanistan, sie als österreichischer Staatsbürger nachzuholen wäre seine Hoffnung.

Beruflich will er sich weiterentwickeln und das Bachelorstudium der Pflegewissenschaft absolvieren. Momentan ist er sehr zufrieden mit seiner Arbeitsstelle in der Klinik Donaustadt, wo ihn alle kollegial empfangen haben und mit einem humorvollen Tonfall in der Stimme sagt er: „Ich bin der einzige Afghane dort.“