Führender Menschenrechtler Prof. Hannes Tretter verstorben
Am 17. März ist Hannes Tretter im Alter von 73 Jahren an einer Krebserkrankung verstorben. Die asylkoordination hat mit Tretter seit den Vorbereitungen zur Wiener UN-Menschenrechtskonferenz 1993 immer wieder zusammengearbeitet. Tretter war ein von Kolleg:innen und Studierenden geschätzter Universitätslehrer. Am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht war er zunächst als Universitätsassistent, dann als Assistenz- und schließlich als a.o. Universitätsprofessor beschäftigt. Er begründete und leitete mit Manfred Nowak das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte. Nach seiner Emeritierung gründete er 2020 das Wiener Forum für Demokratie und Menschenrechte, dessen Vorstandsvorsitzender er bis zuletzt gewesen ist.
„Ute Bock Preis“ heimgekehrt
Die Sozialarbeiterin Ute Bock, die sich u.a. auch entgegen der Weisungen ihres Arbeitgebers, der Gemeinde Wien, im Gesellenheim in der Zohmanngasse um unbegleitete minderjährige Geflüchtete kümmerte, war eine der Säulenheiligen der Wiener Menschenrechtsbewegung. Sie war auch die erste Trägerin des von SOS-Mitmensch ausgelobten Preises, der dann bis 2024 Ute Bock Preis hieß. Seit sieben Jahren verleiht auch das von Bock gegründete Flüchtlingsprojekt Ute Bock einen Preis an Geflüchtete, „die mit ihrem freiwilligen Engagement Brücken bauen und Leben verändern“. Um Verwirrung und Verwechslung zu vermeiden, heißt der Preis seit heuer SOS Mitmensch Preis für Zivilcourage und jener vom Flüchtlingsprojekt Ute Bock ausgelobte Bock Preis.
Dieser wurde am 10. April in der Wiener Brunnenpassage an Shaher Alyousef aus Syrien, Samireh Golzar aus dem Iran und Dr. Suad Mohamed aus Somalia verliehen. Shaher Alyousef unterstützt in Zusammenarbeit mit dem Verein Gablitz hilft! eine Schule in Atama, einem Flüchtlingscamp an der syrisch-türkischen Grenze, das er 2012 selbst mitgegründet hat, als er für drei Jahre in diesem Camp lebte. Nun bildet er das dortige Lehrpersonal ehrenamtlich aus.
Samireh Golzar bemüht sich in Gartenprojekten des Vereins Aufblüherei und im so genannten Naflahus um den Austausch zwischen farsi- und arabischsprachigen Frauen. Dr. Suad Mohamad hat während der Covid-19-Pandemie den Somali Health Club gegründet. Inzwischen wurde das Angebot sprachlich ausgebaut und der Global Health Club hilft Patient:innen und betreibt Gesundheitsberatung für Menschen verschiedener Communitys. Der Preis soll, wie Alfred Fogarassy vom Ute Bock-Vorstand ausführte, zeigen „welchen wertvollen Anteil Flüchtlinge an der österreichischen Zivilgesellschaft haben und damit ein klares Zeichen gegen Vorurteile setzen“.
Der SOS Mitmensch Preis für Zivilcourage wird am 14. Mai im Wiener Rathaus verliehen.
UK: Starmer soll Rhetorik drosseln
(The Guardian) 136 Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen haben den britischen Premierminister Keir Starmer (Labour) aufgefordert, keine Sprache mehr zu verwenden, die Migrant:innen dämonisiert. Er hatte vor einem internationalen Gipfel zum Thema Menschenschmuggel umstrittene Äußerungen gemacht. Starmer sagte: „Aber wir alle zahlen den Preis für unsichere Grenzen – von den Kosten für die Unterbringung von Migrant.innen bis hin zur Belastung unserer öffentlichen Dienste. Es ist eine grundlegende Frage der Fairness.“ Verschiedene NGOs antworten in einem offenen Brief und fordern Starmer auf, seine Sprache zu sensibilisieren und nicht auf Migrant:innen als Sündenböcke abzuzielen. In dem Brief erinnern die NGOs an die Ausschreitungen in UK im Sommer 2024: „Die erschütternden Erfahrungen des letzten Sommers, als hasserfüllte Mobs versuchten, Hotels niederzubrennen, in denen Asylbewerber:innen untergebracht waren, machen deutlich, dass der Weg zur Fairness nicht bei jenen zu finden ist, die lokale Gemeinschaften gegen Flüchtlinge, die Sicherheit vor Verfolgung und Krieg suchen, ausspielen.“
Tschechien: Lob für Aufbau eines inklusiven Umfelds für ukrainische Kinder
(ECRE) Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor mehr als tausend Tagen hat Tschechien im Verhältnis zur Bevölkerung mehr ukrainische Flüchtlinge aufgenommen als jedes andere Land. Unter ihnen waren Tausende und Abertausende von Kindern, die eine Ausbildung brauchten. Nach den Erkenntnissen des Europarats hat das Land gute Arbeit geleistet.
Einer der Eckpfeiler der tschechischen Strategie ist ein vereinfachter Anmeldeprozess. Ukrainische Kinder können sich ohne vollständige Unterlagen wie Geburtsurkunden oder frühere Schulzeugnisse in Schulen einschreiben, und die Aufnahme bleibt während des gesamten Schuljahres offen. Diese Maßnahmen stellen sicher, dass auch Familien in schwierigen Lebensumständen für ihre Kinder einen Platz in der Schule finden können. Eine weitere wichtige Initiative ist die Beschäftigung von über 700 ukrainischsprachigen Lehrassistent:innen an tschechischen Schulen. Der Spracherwerb ist für viele ukrainische Schüler:innen nach wie vor eine große Hürde. Um dies zu beheben, bieten tschechische Schulen ergänzende Sprachkurse an und nutzen Ressourcen wie die Learning Passport-Plattform, die Bildungsmaterialien sowohl auf Tschechisch als auch auf Ukrainisch anbietet. Diese Bemühungen zielen darauf ab, den Schüler:innen zu helfen, Tschechischkenntnisse zu erlangen und ihnen die volle Teilnahme an ihrer neuen Schulgemeinschaft zu ermöglichen.
30 Prozent weniger an EU-Grenzen
(FRONETX) Das erste Quartal des laufenden Jahres brachte mit nur ca. 34.000 Menschen erhebliche Rückgänge bei den „illegalen“ Einreisen an den EU-Außengrenzen. Am meisten gingen die versuchten Einreisen auf der Balkan-Route von Griechenland durch Albanien, Montenegro, Nord-Mazedonien und Serbien. Hier meldet die EU-Grenzschutz-Agentur FRONTEX ein Minus von 64 %. Hoch ist allerdings nach wie vor die Zahl der Opfer der restriktiven EU-Migrationspolitik: Laut IOM starben 385 Menschen bei dem Versuch, die EU über das Mittelmeer zu erreichen.
Griechenland: Ehemaliger rechtsextremer Aktivist wird Migrationsminister
(The Guardian) Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat einen früheren rechtsextremen Studentenaktivisten an die Spitze des Migrationsministeriums berufen. Dies ist Teil einer umfassenden Umstrukturierung, die darauf abzielt, seine Regierung wegen der anhaltenden öffentlichen Empörung über ihren Umgang mit einem tödlichen Zugunglück im Jahr 2023 „neu aufzustellen“. In einem Versuch, die sinkenden Zustimmungswerte einzudämmen, setzte Kyriakos Mitsotakis den Nationalisten Makis Voridis auf den heiklen Posten. Die prominente antirassistische Gruppe Keerfa erklärte, die Ernennung von Voridis als neuen Integrationsminister signalisiere eine rechtsextreme Wende, um mit Rassismus Stimmen zurückzugewinnen, die Nea Dimokratia an rechtsextreme Parteien verloren habe.
EU-Kommission: Sichere Länder
(Euractiv) Sieben Länder sollen von der EU-Kommission als „sicher“ eingestuft werden. So soll die Möglichkeit eröffnet werden, nach den neuen EU-Regelungen Asylanträge in Schnellverfahren abzulehnen. Die Liste umfasst Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Kosovo, Marokko und Tunesien, und soll als Anhang der EU-Verfahrensrichtlinie beigefügt werden.
Griechenland: Türkei sicher
(Greek City Times) Der griechische Migrationsminister Makis Voridis und Außenminister George Gerapetritis unterschrieben Anfang April ein Dekret in dem die Türkei als sicheres Land für Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan, Bangladesch, Pakistan und Somalia erklärt wird. Möglich sollen dadurch Schnellverfahren und eine zügige Abschiebung der abgelehnten Asylwerber:innen werden. Ob die Türkei dabei mitspielt und ob das Dekret verfassungs- und EU-rechtskonform ist, wird sich herausstellen, sobald es an die Umsetzung geht. Griechische NGOs wollen jedenfalls alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um gegen das Dekret vorzugehen.
Tunesien: Razzien gegen Transmigrant:innen
(Human Rights Watch) Tunesische Behörden haben Ende März eine groß angelegte Operation gegen 20.000 Menschen ohne Aufenthaltspapiere gestartet. Die Opfer stammen hauptsächlich aus Afrika südlich der Sahara, Pakistan und Bangladesch und leben in informellen Lagern nahe der Hafenstadt Sfax. Obwohl ein Sprecher der tunesischen Nationalgarde behauptete, die Operation zur Umsiedlung der Menschen sei „friedlich“ und „human“ verlaufen, berichteten einige der Betroffenen, die Behörden hätten ihr Hab und Gut zerstört sowie ihre Lebensmittelvorräte verbrannt. Ein Teil der Betroffenen nahm daraufhin an „freiwilligen Rückkehrprogrammen“ teil. Der Großteil schlägt sich, obdachlos geworden, in der „Wildnis“ durch.
Belarus: Streitkräfte der Vergewaltigung beschuldigt
(ECRE) In einem Bericht über illegale Pushbacks finden sich Zeug:innenaussagen über sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die Opfer haben versucht, von Belarus aus nach Polen einzureisen. „Frauen und Mädchen sind extremen Risiken ausgesetzt, da es zahlreiche Berichte über sexuellen Missbrauch durch belarussische Streitkräfte gibt, einschließlich Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen“, heißt es in dem Bericht. Das harte Durchgreifen entlang der gemeinsamen Landgrenze alarmiert Menschenrechtsverteidiger:innen seit 2021. Damals hat Belarus begonnen Menschen über die Grenze zu schieben, um Spannungen mit Polen zu schüren. Polen errichtete daraufhin eine 247 km stark befestigte Landgrenze mit einer von Soldat:innen und Grenzbeamt:innen bewachten Sperrzone, in der Journalist:innen und Helfer:innen verboten sind. Im vergangenen Monat brachte die polnische Regierung einen Gesetzentwurf ein, der es ihr ermöglichen würde, das Asylrecht vorübergehend auszusetzen. Die EU-Kommission akzeptierte die polnische Argumentation.
Libyen: Hilfsorganisationen ausgewiesen
(BBC) Ideen von einer Verschwörung zur Umvolkung des Landes, wie sie den tunesischen Präsidenten Kais Saied im vergangenen Jahr umgetrieben hatten, erreichten nun auch Libyen. Die international anerkannte Regierung mit Sitz in Tripolis hat unter der Beschuldigung, schwarze Afrikaner:innen in Libyen ansiedeln zu wollen, eine Reihe von internationalen Hilfsorganisationen des Landes verwiesen. „Der Plan zielt darauf ab, die demografische Zusammensetzung des Landes zu verändern und bedroht das Gleichgewicht der libyschen Gesellschaft“, begründete Salem Gheit, ein Sprecher der Sicherheitsbehörde die Maßnahme Anfang April. Unter den ausgewiesenen befindet sich auch UNHCR, MSF (Ärzte ohne Grenzen) und der Norwegische Flüchtlingsrat. Die Organisationen versuchen mit der Regierung über die Fortsetzung ihrer für die abertausenden Geflüchteten in Libyen so wichtige Arbeit zu verhandeln. „Wir verlangen Klarheit, immerhin ist UNHCR seit über 30 Jahren in Libyen tätig und leistet humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, Asylsuchende und gefährdete libysche Gemeinschaften“, so UNHCR-Sprecher William Spindler gegenüber der BBC.
Wien: Konferenz des Vienna Centre for Migration & Law (VCML)
Am 30. Juni und 1. Juli 2025 wird die Eröffnungskonferenz des im vergangenen Jahr neu gegründeten Zentrums am Wiener Institut für Staat- und Verwaltungsrecht stattfinden. Den Auftakt der zweitägigen Konferenz bildet der Work-In-Progress-Workshop, gefolgt von der Opening Keynote am 30. Juni um 19 Uhr. Die drei Panels mit jeweils vier Speaker:innen am Dienstag, 1. Juli, nehmen die drei Schwerpunkte des Zentrums in den Blick: Global Mobility, International Protection und Modes of Belonging.
Infos, Anmeldung und Call for Papers auf der Website des VCML

