Liebe Leser:innen,

„Deutsch ist Pflicht. Habibi“ (ÖVP) oder „Deutsch ist kein Wahlfach“ (NEOS) plakatierten die mitte-rechts Parteien im zurückliegenden Wiener Wahlkampf und besorgten dabei wieder einmal das Geschäft der Rechtsradikalen. Sprache und Spracherwerb wurden in der Diskussion um Integration von Geflüchteten zum unhinterfragten Fetisch. Dass nicht für jeden Arbeitsplatz perfektes Deutsch vonnöten ist, oder dass man sich den Stoff von Mathematik und Biologie durchaus auch in der Familiensprache aneignen kann, wird dabei komplett außer Acht gelassen. Zuletzt erklärten die Mitglieder der neuen Bundesregierung, Lehrer:innen und Schulsystem in einem Maße überfordert, dass Familienzusammenführungen und damit auch das Grundrecht auf Familienleben ausgesetzt werden müsse. Während man stolz ist, einen Kanzler Kickl verhindert zu haben, setzt die Dreierkoalition dessen Diskurs um „illegale Migration“ und eine angebliche Gefährdung der inneren Sicherheit fort.

Im Fokus steht dabei die Familienzusammenführung von Geflüchteten, die man „stoppen“ möchte. Speziell ins Visier der Behörden sind seit dem 8. Dezember 2024 syrische Geflüchtete geraten. Nur drei Tage nachdem das Assad-Regime überraschend gestürzt wurde, frohlockt der Innenminister, dass es nun Zeit für ein „geordnetes Rückführungs- und Abschiebungsprogramm“ für Syrer:innen sei und damals Noch-Bundeskanzler Nehammer gab – entgegen rechtsstaatlicher Prinzipien – beim Minister in Auftrag, sämtliche Asylanträge syrischer Staatsbürger:innen sowie deren Anträge auf Familiennachzug auszusetzen und alle Schutzgewährungen für Syrer:innen zu überprüfen.

Wir haben uns in dieser Nummer nicht nur mit den (nicht vorhandenen) rechtlichen Grundlagen von Familienzusammenführung und Verfahrensstopp auseinandergesetzt, sondern auch mit Fragen des Spracherwerbs von Schüler:innen und Erwachsenen. Es zeigt sich hier, dass andere Länder, einen entspannteren und erfolgreicheren Umgang mit dieser Frage pflegen.

Positive Beispiele kommen in Österreich meist aus der Zivilgesellschaft, wie das Ute Bock Bildungszentrum, das wir hier vorstellen.

Auch die asylkoordination betreibt seit vielen Jahren ein erfolgreiches Integrationsprojekt, connecting people, auf das bei dieser Gelegenheit wieder einmal hingewiesen sei. Wir suchen immer Pat:innen, die jugendlichen Geflüchteten beim Spracherwerb und darüber hinaus unter die Arme greifen.

Melden Sie sich oder unterstützen Sie das Projekt mit ihrer Spende,

bittet Herbert Langthaler