Gemeinsam mit der österreichischen Universitätskonferenz entschieden sich die 22 Universitäten in Österreich 2015 Vertriebene und Geflüchtete in ihrem Streben nach Hochschulbildung zu begleiten und auf ihrem akademischen Weg zu unterstützen.
Von Karoline Janicek
MORE – meinte mehr, im Sinne von mehr als purer Schutz des Lebens, Brot und ein Dach über den Kopf, sondern auch Bildung als ein essenzielles Bedürfnis von Menschen, die aus ihrem Bildungswerdegang hinauskatapultiert wurden.
Das breite Angebot der Universitäten im Rahmen der Initiative haben im Laufe der ersten fünf Jahre ca. 3.500 MORE-Studierende genutzt. Es wurden eine bestimmte Zahl an Plätzen in ausgewählten Lehrveranstaltungen und Kursen zur Verfügung gestellt oder eigene Kurse für Studienwerber:innen mit Fluchthintergrund angeboten bzw. Stipendien vergeben.
Unsere Recherchen, was aus dem Programm geworden ist, ergaben, dass es nur an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) ein MORE-Programm für Geflüchtete und Vertriebene durchgehend seit 2015 gibt. Sonja Falkner-Matzinger leitet die MORE-Initiative für Geflüchtete und Vertriebene und ist von Anfang an beim Aufbau des Programms dabei gewesen. Sie erzählt vom Aufruf der Universitätskonfernez (Uniko) im Herbst 2015. „Prof. Bacher war damals Dekan an der JKU, er hat den Aufruf angenommen und ein engagiertes Team um sich gesammelt.“ Begonnen wurde mit einem unbürokratischen Zugang zu zwei Deutschkursen. Es war in den Anfangszeiten nicht leicht: „ Es war eine einmalige Ausnahmesituation, Leute an der JKU zuzulassen, die keine Originaldokumente haben, und auch Kopien oder Fotos als glaubwürdige Nachweise im Rahmen des UG zu akzeptieren.“ erinnert sich Falkner-Matzinger.
Schon im ersten Semester (WS 2015/16) nahmen 52 Personen die Gelegenheit bei MORE mitzumachen wahr, in den folgenden Semestern stiegen die Zahlen auf knapp 100 Studierende an.
Von den ersten Gruppen blieben zumindest anfänglich viele, meist syrische und afghanische Geflüchtete, die eine Hochschulreife nachweisen konnten. Die relativ schnellen Asylverfahren für Syrer:innen führten allerdings dazu, dass viele das Studium aufgaben. „Für Personen mit einem abgeschlossenen Asylverfahren hat das geheißen, sie müssen raus aus dem Quartier und sich eine Wohnmöglichkeit und eine Arbeit suchen,“ erzählt die Leiterin der MORE-Initiative. In dieser Situation war das angestrebte Studium zweitrangig. Geblieben sind Studierende aus Afghanistan, aus dem Iran und andere Nationen die die Wartezeit auf einen Asylbescheid (oft fünf, sechs Jahre) nutzen konnten. Die ständige Unsicherheit über das weitere Schicksal war allerdings dem Fortkommen im Studium abträglich. „Sobald ein negativer Bescheid gekommen ist die Leistung verständlicherweise eingebrochen.“
Es wurde auch ein Buddy-Programm initiiert , das Kontakte zwischen Geflüchteten und engagierten österreichischen Studierenden gestiftet hat, die manchmal bis heute anhalten. Neben Unterstützung beim Ankommen an der Universität und in der Stadt wurden auch viele gemeinsame Freizeitaktivitäten organisiert.
Mit dem niederschwelligen Einstieg war es dann 2017 vorbei, denn die Teilnehmenden von MORE wollten nicht nur Deutsch lernen, sondern auch in ein Studium einsteigen. MORE wurde auf neue Füße gestellt. Die Voraussetzung für die Teilnahme an MORE war nun ein Zulassungsbescheid an der JKU Linz.. Eine Kooperation mit dem Chemiekonzern Borealis AG ermöglichte es, ein unbürokratisches Stipendiensystem aufzubauen.
Heute gibt es im Rahmen des Borealis-MORE-Stipendiums 30 Plätze. Das bedeutet € 360,- im Monat mit einem Learning Agreement (24 ECTS Punkte im Jahr ) und mit einer engmaschigen Betreuung als Unterstützung. Durch eine Kooperation mit der Erste Foundation gibt es im Studienjahr 2025/26 zusätzlich 16 Plätze für Ukrainer:innen. Und schließlich für jene, die kein Stipendium von der Auswahlskomission zugesprochen bekommen, gibt es MOREclassic als Unterstützungs- und Vernetzungsprogramm beim Einstieg ins Studium an der JKU Linz.
Neben den monatlichen Zahlungen werden auch etwaige Studiengebühren ersetzt und es gibt einen Fahrtkostenzuschuss für Studierende die außerhalb von Linz wohnen, sowie zum Start des Studienjahres € 100,-
Ein hervorragendes Beispiel für die Wichtigkeit solcher Maßnahmen ist Hadil Najjar, im Dezember 2015 gelang ihr die Flucht aus Aleppo nach Europa, sie war eine der ersten Borealis– MORE-Stipendiatinnen. Sie schloss ihr Studium der Molekularbiologie ab und machte 2024 an der JKU ihr Doktorat.
Sie ist eine von 13 Absolvent:innen, die im Rahmen des Borealis-Stipendiums 20 Abschlüsse geschafft haben.
Für Sonja Falkner-Matzinger sind es besondere Erlebnisse wenn sie jemanden trifft, der erzählt, dass ihm der Einstieg in die höhere Bildung gelungen ist, weil es MORE an der JKU gibt. Sie geht auch zu allen Abschlussfeiern der Absolvent:innen. „Jeder akademische Abschluss ist ein berührender Moment, ich bin stolz wie eine Angehörige, wenn ich bei der akademischen Feier eines:einer MORE Stipendiat:in dabei sein darf.“

