Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto schwieriger wird die Situation für die Vertriebenen, auch im Exil in Österreich. Die Stimmung in Österreich ist zunehmend gegen die „Fremden“ gerichtet, da werden wenig Unterschiede gemacht. Das gilt für alle Regionen in unserem Land, vor allem aber auch für jene, in denen die Freiheitlichen den Ton angeben.

Ein Beispiel dafür ist die Steiermark: Hier konnten zu Beginn der Krise – auch wegen des überwältigenden privaten Engagements – sehr viele Familien aus der Ukraine untergebracht werden. Zentrale Ankunftszentren sorgten dafür, dass die Aufnahmeformalitäten schnell und unbürokratisch erledigt werden konnten.
Inzwischen hat sich einiges geändert. Das Ankunftszentrum in Graz wurde abgeschafft, die Notschlafstelle aufgelöst, gleichzeitig die Bearbeitungszeiten verlängert, sodass Vertriebene tagelang im Vakuum zwischen den Behörden (de facto auf der Straße) verbleiben, bis ihnen endlich eine Bleibe zugewiesen werden darf. Das ist politisch von der FPÖ-ÖVP-Landesregierung gewollt.
Österreichweit ist geplant, mit Herbst den Anspruch auf Familienbeihilfe einzuschränken. Das würde eine besondere Erschwernis etwa auch für Familienerhalter:innen bedeuten, die bereits auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben. In der Regel sind die Löhne und Gehälter gering, im Gegensatz zu österreichischen Familien haben Vertriebene jedoch keinen Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, auch nicht auf Zuzahlungen aus der Sozialhilfe. Noch sind die Details der Regelung nicht bekannt – es ist zu hoffen, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe in diesem Fall erhalten bleibt .
Besonders schlimm wird die Situation jedenfalls für Familien mit beeinträchtigten Kindern. Wenn der Anspruch auf Familienbeihilfe an die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt geknüpft wird, gibt es keinen Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe mehr, wenn die Mutter nicht „bereit“ ist, mindestens 16 Stunden zu arbeiten. Gleichzeitig sind Vertriebene in der Steiermark aber von den Leistungen nach dem Behindertengesetz ausgeschlossen. Es gibt also keine Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder mit besonderen Bedürfnissen.
Die Arbeitsverpflichtung von 16 Stunden gilt auch für alle Mütter mit Kleinkindern . Gleichzeitig gibt es in Ballungsräumen wie Graz nicht genug Kindergartenplätze. Dieses Problem betrifft vertriebene Mütter im selben Ausmaß wie einheimische Familien, nur dass letztere manchmal zumindest auf innerfamiliäre Netzwerke zurückgreifen können, während die Mütter aus der Ukraine auch in dieser Hinsicht auf sich gestellt sind.
Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto schwieriger werden die Rahmenbedingungen für die Vertriebenen – zum einen, weil der Staat sich gezwungen sieht zu sparen, auch bei ihren Ansprüchen, zum anderen deshalb, weil die Systeme nicht zusammenpassen. Der Status der Vertriebenen, der für wenige Monate eine Übergangssituation schaffen sollte, erweist sich als untauglich für die Langzeitunterbringung der Betroffenen in Österreich.
Gerade in Bezug auf die wünschenswerte Integration in den Arbeitsmarkt gibt es mit der harten Einkommensgrenze eine riesige Hürde. Bei einem Verdienst von rund 800 Euro verliert eine Mutter mit einem Kind jeglichen Anspruch auf Grundversorgung, inklusive Wohnung. Im Gegensatz zu Österreicherinnen und Österreichern haben die Betroffenen jedoch keine Ansprüche auf Wohnbeihilfe etc., zumindest in der Steiermark.
Die Zuständigkeit der Länder für eine Personengruppe, die eigentlich bundeseinheitlich behandelt werden sollte, erschwert die Bedingungen. Jüngster Auswuchs ist die Verländerung der Zuständigkeit für die Krankenversicherung dadurch, dass nicht mehr alle Vertriebenen grundsätzlich über diesen Status (und damit vom Bund finanziert) krankenversichert werden. Hier tobt im Hintergrund ein politischer Kampf um Ausgaben, mit denen sich keine Gebietskörperschaft belasten will.
Der jüngste „Coup“ einer ausländerfeindlichen Politik ist die geplante Bezahlkarte („Sachleistungskarte“), wieder länderweise unterschiedlich . In der FPÖ-regierten Steiermark sollen auch den Vertriebenen nur € 40,- monatlich in bar zur Verfügung stehen. Davon sind dann zusätzliche Lebensmittelkosten (denn die Sachleistungskarte soll auch nicht in Sozialmärkten eingesetzt werden können), Kosten für Essen, Basteln und Ausflüge in Kindergärten und Schulen, Arztbestätigungen (die schon lange nicht mehr gratis sind), nicht rezeptpflichtige Medikamente , etc. berappt werden. Interessant übrigens der Ausschluss der Sozialmärkte: Billig-Waren nur mehr für „unsere Leut‘ “ ist die Begründung, doch die Grazer Vinzimärkte verweisen darauf, dass sie unter diesen Umständen (zu wenig Umsatz) den Betrieb der Märkte insgesamt nicht mehr aufrecht erhalten könnten…
Mütter und Kinder, geht zurück in „euren“ Krieg. So liest sich die Botschaft der (nicht nur) freiheitlich beeinflussten Politik. Wieder einmal wird aus einer Willkommensstimmung mutwillig eine Frontstellung gebastelt , ausschließlich zum eigenen (politischen) Wohl und in bewusster Missachtung der Hilfsbereitschaft großer Teile der österreichischen Bevölkerung, die man versucht, mit politischen Parolen zu unterminieren .

Mag. Claudia Gigler, sie ist Journalistin und ehrenamtlich aktiv bei „Steiermark hilft“