Auf den Talschultern oberhalb des Unterinntals reihen sich Ortschaften wie Axams Götzens, Mutters oder Natters. Mittelgebirge wird die Region zwischen dem verkehrsgeplagten Tal und den hohen Alpengipfeln genannt. Zu den Alteingesessenen und betuchten Zuzügler:innen gesellten sich nicht erst seit 2015 immer mehr Geflüchtete.
Von Eva-Maria Zogg
Die Idee, einen Flüchtlingsverein zu gründen, entstand im September 2015 aufgrund der verheerenden Notlage vieler Menschen auf der Flucht. Menschen im Westlichen Mittelgebirge – darunter viele Vertreter:innen der Pfarren, der Gemeinden, der Vereine und engagierte Privatpersonen – taten sich zusammen, um aktiv zu werden.
Im Dezember 2015 wurde dann offiziell der Verein „MiM Miteinander im Mittelgebirge“ gegründet. Die damalige Obfrau Susanne Marini und ehrenamtliche Helfer:innen brachten von verschiedener Seite ihre Expertisen ein. Das Flüchtlingsheim Götzens war der zentrale Treffpunkt für viele Aktivitäten. Schwerpunkte waren vor allem: Die Unterstützung der offiziellen Deutschkurse im Heim durch freiwillige Helfer:innen. So fanden täglich vormittags und zusätzlich nachmittags Kurse auf verschiedenem Level statt. Ein wichtiger Beitrag zur Integration waren kulturelle und künstlerische Tätigkeiten, vom einfachen Eierfärben zu Ostern, Basteln, Theater spielen oder Besuch von Museen und Veranstaltungen. Auch sportliche Aktivitäten kamen nicht zu kurz. Spaß bereitete das Rodeln, Minigolf und Wandern. Beim Volkstanzen gab es anfangs Berührungsängste, aber schlussendlich siegte das Interesse und die gemeinsame Freude an Musik. So lernten die Teilnehmer:innen auch alpenländische Instrumente kennen.
Wichtig war auch zunehmend die Begleitung bei Amtswegen und zu den Asylbehörden in Innsbruck, Salzburg und Wien. Später kam die Unterstützung bei der Wohnungssuche für geflüchtete Menschen, die einen Aufenthaltstitel in Österreich bekommen haben, dazu, sowie die Hilfe bei der Suche geeigneter Lehr- und Arbeitsstellen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und für Menschen mit positivem Asylbescheid. Das ist immer noch ein Schwerpunkt, und auch die laufende Begleitung war und ist notwendig. So konnten viele positive berufliche Entwicklungen vom Lehrling bis zum fertigen Facharbeiter unterstützt werden.
Mit dem Familiennachzug entstehen neue Herausforderungen, wie die Suche und Verteilung von dringend benötigten Sachspenden (z.B. Kleidung, Hefte, Deutsch-Bücher, Decken, Kleinmöbel, Bettwäsche, Sportartikel…). Dieser Zweig der Arbeit von MiM wurde mit der Zeit intensiver und mündete schließlich in die Gründung der Drehscheibe.
Die Ziele und Aktivitäten von MiM haben sich im Laufe der letzten Jahre entscheidend verändert. Die Unterstützung der ehemaligen Flüchtlinge beschränkt sich nunmehr vorwiegend auf die Kostenübernahme von Kursen, Kinderbetreuung und auf die Anschaffung von Bildungsunterlagen.
Drehscheibe 2nd-Hand-Laden für die ganze Region
Die Beschaffung und Verteilung von Sachspenden hat sich im Laufe der letzten Jahre immer stärker entwickelt, weshalb MiM im Jahr 2022 die Drehscheibe als Second-Hand-Laden ohne Geld mit Standort Mutters gegründet hat. Inzwischen ist diese Institution über das Mittelgebirge hinaus tirolweit bekannt. Zum einen werden Kleider, Schuhe, Spielsachen, Schultaschen, Fahrräder, Bettwäsche, Decken, Handtücher bis hin zu Kücheneinrichtungen und Kleinmöbel an bedürftige Menschen ausgegeben. Zum anderen hat sich die Drehscheibe zu einer echten Tauschbörse entwickelt, bei der es um das Wiederverwenden von allerlei gebrauchten und guterhaltenen Gegenständen geht. Martina Seiwald koordiniert hauptamtlich mit viel Herzblut die Drehscheibe an zwei Tagen pro Woche (Öffnungszeiten: Mittwoch von 10-18:30 Uhr und Freitag von 13-18:30 Uhr). Mit ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen sammelt sie bei Wohnungsauflösungen Brauchbares. Der Bedarf ist unerwartet groß. An den Öffnungstagen wird die Drehscheibe regelrecht gestürmt. Das umfassende Angebot wird inzwischen fast zur Hälfte von Einheimischen in Anspruch genommen.
Genau genommen ist die Drehscheibe im Westlichen Mittelgebirge das ergänzende Angebot für Bedürftige im Non-Food-Bereich zum Food-Bereich der Tafel.
Um den Betrieb der Drehscheibe auch weiterhin aufrecht zu erhalten, ist der Verein MiM dringend auf Sponsor:innensuche und neuen Mitgliedern. Das wird für die nächste Zeit zentrale Aufgabe des neuen Vorstandes sein.
Eine wunderbare Begleiterscheinung: Es gibt immer noch herzliche Kontakte zu ehemaligen Asylwerber:innen, die sich inzwischen in Österreich integriert haben und dankbar auf das Erlebte mit MiM zurückblicken oder sich auch den ein oder anderen Rat bei Vertrauenspersonen holen.

