Estland: Psychologische Unterstützung für Ukrainer:innen via HotlineEine Nichtregierungsorganisation in Estland hat eine Hotline neu eingerichtet, um Ukrainer:innen, die in der Ukraine und anderswo in Europa leben, psychologische Unterstützung zu bieten. Die ECRE-Mitgliedsorganisation Estnischer Flüchtlingsrat bietet in Zusammenarbeit mit der Ukrainischen Nationalen Psychologischen Vereinigung und mit Unterstützung des Estnischen Zentrums für internationale Entwicklung (ESTDEV) psychosoziale Unterstützung für Menschen an, die durch den anhaltenden Krieg in ihrem Heimatland traumatisiert wurden. „Die Ukrainer:innen leben seit über drei Jahren in ständiger Ungewissheit. Dies wirkt sich nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die psychische Gesundheit aus“, sagte der Direktor des estnischen Flüchtlingsrates, Eero Janson, und fügte hinzu: „Neben materieller humanitärer Hilfe ist es von entscheidender Bedeutung, den Zugang zu zuverlässiger und kulturell angemessener psychosozialer Unterstützung zu gewährleisten.“ „Die psychische Gesundheitsversorgung hilft den Menschen, sich schneller von Krisen zu erholen und mit dem Wiederaufbau ihres Lebens zu beginnen“, schloss er. Die Helpline ist mittlerweile in 21 Ländern verfügbar.

Polen: Gewalt gegen UMF an polnisch-belarussischer Grenze

Ein Bericht der Nichtregierungsorganisation Save the children hat auf erhebliche Mängel bei der Behandlung unbegleiteter Minderjähriger an der polnisch-belarussischen Grenze hingewiesen. Die Organisation hat eine Reihe von Mängeln festgestellt, darunter das Fehlen von konsistenten Daten über die Minderjährigen, Grenzgewalt und Probleme bei der Altersfeststellung. „Es gibt keine Institution, die sich von Anfang bis Ende um sie kümmert“, kommentierte Celina Kretkowska-Adamowicz, stellvertretende Direktorin von Save the Children Polen, die Ergebnisse des Berichts, demzufolge Kinder, die an der Grenze ankommen, auf Verdächtigungen, Zurückweisungen und das völlige Fehlen eines rechtsstaatlichen Verfahrens stoßen. Finnland und Polen wurden beide in einem separaten Bericht von Save the Children für die Verletzung der Kinderrechte kritisiert. Der Bericht, der die Situation von Kindern auf der Flucht an den EU-Außengrenzen in Griechenland, Italien, Finnland, Spanien und Polen untersucht, stützt sich auf Interviews mit 33 Kindern, die von erschütternden Reisen nach Europa berichtet haben. „Was sich heute an den Grenzen der EU abspielt, ist eine klare Verletzung der Kinderrechte, und das muss aufhören,“ kommentierte Willy Bergogné, EU-Vertreter von Save the Children, den Bericht.

Deutschland: Kein geld für Seenotrettung

Am 26. Juni erklärte der deutsche Außenminister Johann Wadephul die Einstellung staatlicher Mittel für in der Seenotrettung engagierte NGOs: „Ich glaube nicht, dass es die Aufgabe des Auswärtigen Amtes ist, Gelder für diese Art der Seenotrettung zu verwenden.“ Die deutsche Regierung hat seit 2022 jährlich Seenotrettungs-NGOs zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Nachricht, dass diese Finanzierung 2025 eingestellt wird, obwohl bereits 900.000 Euro ausgezahlt wurden, stieß bei Seenotrettungs-NGOs und deutschen Oppositionspolitiker:innen gleichermaßen auf Unglauben. „Der Verlust von über zwei Millionen Euro hat konkrete Auswirkungen auf die Rettungseinsätze und die Überlebenschancen von Menschen in Seenot“, erklärte Sea-Eye in einer Pressemitteilung. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Hasselmann, schloss sich der Organisation an und sagte, der Schritt würde „die humanitäre Krise im Mittelmeerraum verschlimmern und menschliches Leid verursachen“. Der Leiter von SOS Humanity, Till Rummenhohl, stellte die Ausgabenprioritäten Deutschlands und anderer europäischer Regierungen infrage: „Es ist absurd, dass so viel Geld für die Abriegelung Europas ausgegeben wird, während so wenig Geld für die Rettung von Menschen ausgegeben wird – das ist offenbar immer noch zu viel.“ Er wies auch die Behauptung von Minister Wadephul aus dem Jahr 2023 zurück, dass die NGOs „de facto mit Schleusergruppen zusammenarbeiten und irreguläre Migration nach Europa fördern“.

EU-Libyen: Zusammenarbeit auch mit Chalifa Haftar

(Politico 22. Juli) EU- Migrationskommissar Magnus Brunner beweist ein dickes Fell. Wenige Wochen nachdem er und Minister aus Italien, Griechenland und Malta vom Herrscher über Ostlibyen, General Chalifa Haftar, zur „Persona non grata“ erklärt und ausgewiesen worden waren, erklärte er gegenüber dem Magazin Politico, die Europäische Union müsse weiterhin bereit sein, mit Haftar zu verhandeln, um zu verhindern, dass der russische Präsident Wladimir Putin Migration weiter als Waffe einsetze. Der EU ist weiterhin offensichtlich jedes Mittel und jedes Argument recht, die Überfahrten von Libyen zu reduzieren. Laut dem Missing Migrants Project von IOM sind 2024 im Mittelmeer 2.573 Menschen beim Versuch nach Europa zu gelangen ums Leben gekommen. Die griechische Regierung hatte zuletzt die Bearbeitung von Asylanträgen für Migrant:innen, die auf dem Seeweg aus Nordafrika nach Griechenland kamen, für drei Monate ausgesetzt – ein Schritt, den Menschenrechtsorganisationen scharf kritisierten. Am 19. Juli gab Migrationsminister Thanos Plevris bekannt, dass 200 Geflüchtete nach ihrer Ankunft in Polizeigewahrsam genommen wurden. Sie dürfen keinen Asylantrag stellen und sollen nach Libyen zurückgeschoben werden.

Marokko: Geld von der EU für Migrationskontrolle

(Africa Confidential 21. Juli) Beamte der EU-Kommission und Marokkos arbeiten an einem „Cash for Migrant Control“-Abkommen: Im Mittelpunkt der Vereinbarung soll der Grenzschutz stehen. Dubravka Šuica, Kommissarin für Demokratie und Demografie, hob bei einer Pressekonferenz im Juli Marokko als wichtigen Verbündeten hervor. „Derzeit arbeiten wir mit Ägypten, Tunesien und Jordanien zusammen. Wir arbeiten an der Vertiefung unserer Partnerschaft mit Marokko und werden auch mit dem Libanon kooperieren“, sagte Šuica. Ähnliche Migrationsabkommen der EU mit Ägypten, Mauretanien und Tunesien haben einen Wert von über 9,2 Milliarden US-Dollar. Obwohl Marokko ein wichtiger Empfänger von EU-Mitteln für Grenz- und Migrationskontrolle ist, hat es bislang noch keine formelle Vereinbarung mit Brüssel gegeben.

Deutschland: Kooperation mit Taliban-Regime

(PRO ASYL 27. Juli) Die deutsche Bundesregierung will die Zusammenarbeit mit den Taliban vorantreiben, um regelmäßige Abschiebungen zu ermöglichen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt strebt direkte Gespräche mit den islamistischen Taliban in Afghanistan an, um Abschiebungen von Straftätern zu erleichtern: „Mir schwebt vor, dass wir direkt mit Afghanistan Vereinbarungen treffen, um Rückführungen zu ermöglichen.“ Am 22. Juli 2025 wurde öffentlich, dass Deutschland zwei Vertretern der Taliban Visa erteilt hat und diese bereits eingereist sind, damit sie in der Botschaft in Berlin und dem Konsulat in Bonn arbeiten können. Es wird dies als „Belohnung“ für die Rücknahme von insgesamt 81 Afghanen nach Kabul am 18. Juni 2025 interpretiert. Erst wenige Tage vor der Abschiebung hatte der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag Haftbefehle gegen Anführer der militant-islamistischen Taliban erlassen. Deutschland unter Kanzler Friedrich Merz setzt somit die Unterminierung des Völkerrechts fort.

UK: Gewalt und Willkür gegen UMF

(ECRE 17. Juli) Ein Bericht der NGO Project Play enthüllt die Gewalt der Kinder ausgesetzt sind, die versuchen, den Ärmelkanal in kleinen Booten zu überqueren. 2024 haben mindestens 15 Kinder an der britisch-französischen Grenze ihr Leben verloren – mehr als in den vier Jahren zuvor zusammen. Die Autor:innen fordern von der britischen und der französischen Regierung Rechenschaft über die Todesfälle an der Grenze, die Veröffentlichung transparenter Daten, ein Ende der gewalttätigen französischen Polizeieinsätze in Wohngebieten und an Stränden und einen Stopp der britischen Finanzierung dieser Einsätze sowie den sicheren Zugang zu Asyl in Frankreich und Großbritannien.

Hunderte unbegleitete asylsuchende Kinder wurden im Jahr 2024 fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft. Laut Daten, die die Helen Bamber Foundation über Informationsfreiheitsanfragen bei lokalen Behörden gesammelt und von der Zeitung THE i PAPER veröffentlicht hat, wurden mindestens 678 Kinder (56 % aller zur Altersneubestimmung überwiesenen) „von Grenzbeamt:innen aufgrund einer oberflächlichen optischen Beurteilung fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft, bevor sie von den Behörden als Kinder erkannt wurden“. Kamena Dorling von der Helen Bamber Foundation meint zu den Folgen der falschen Altersfeststellungen: „Die schutzsuchenden Kinder werden nicht nur gezwungen, sich in Asylunterkünften für Erwachsene Zimmer mit Fremden zu teilen, viele landen nun auch in Gefängnissen für Erwachsene, nachdem sie wegen illegaler Einreise strafrechtlich verfolgt wurden.“

Frankreich: Palästinenserin aus Gaza erhält Flüchtlingsstatus aufgrund ihrer „Nationalität“

(rfi 12. Juli) Das Nationale Asylgericht (CNDA) hat Anfang Juli entschieden, dass Palästinenser:innen aus Gaza Anspruch auf einen Flüchtlingsstatus haben. Im vorliegenden Fall war die Frau aus Gaza vor israelischen Repressalien nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober 2023 geflohen. Das CNDA gewährte ihr schließlich den Flüchtlingsstatus aufgrund der vom jüdischen Staat angewandten Kriegsmethoden. „Wir können diese Entscheidung nur begrüßen. Sie besagt, dass der außergewöhnlich intensive Konflikt (…) alle Palästinenser:innen gefährdet, weil sie Palästinenser:innen sind“, sagte Maya Lino, die Anwältin der Frau. Vor dieser Entscheidung erhielten Palästinenser:innen aus Gaza in Frankreich subsidiären Schutz. Dieser befristete Schutz war der Frau nicht weitreichend genug. Sie argumentierte, dass sie von den israelischen Streitkräften nicht nur bedroht, sondern auch verfolgt werde, weil sie Palästinenserin ist.

Mit der Entscheidung des CNDA wurde festgestellt, dass alle Palästinenser:innen in Gaza Anspruch auf Flüchtlingsstatus haben. Das Gericht ist der Ansicht, dass die israelische Armee alle Bewohner:innen Gazas wahllos verfolgt. „Diese Entscheidung stellt einen wichtigen Präzedenzfall dar“, so Amnesty International in einer Erklärung. „Er ebnet den Weg für die Anerkennung des Flüchtlingsstatus in Frankreich für alle Gaza-Bewohner:innen, die vor der Verfolgung durch die israelischen Besatzungstruppen fliehen“, erklärte Amnesty International weiter.

UNHCR: Kürzungen bedrohen Hilfe für 11 Millionen

Weltweit wird in einem seit Jahrzehnten unbekannten Ausmaß aufgerüstet. Laut dem schwedischen Forschungsinstitut SIPRI wurden 2024 2 700 000 000 000 (2,7 Bill.) US-Dollar weltweit für Rüstung ausgegeben. Die von UNHCR jährlich benötigten 10 600 000 000 (10,6 Mrd.) US-Dollar sind ein Bruchteil dieser für Tod und Zerstörung aufgewendeten Summe. Von der benötigten Summe waren zur Jahresmitte allerdings nur 23 Prozent verfügbar. Die Folge davon zeigt ein aktueller Bericht, den UNHCR Mitte Juli präsentierte. Durch die drastischen Kürzungen humanitärer Budgets der Geberstaaten könnten bis zu 11,6 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in diesem Jahr ihre Unterstützung durch UNHCR verlieren. Der Bericht macht ein tödliches Zusammenspiel mehrerer Faktoren deutlich: steigende Zahlen bei der Vertreibung, sinkende Hilfsgelder und politische Gleichgültigkeit. Und wie so oft sind Frauen und Kinder am stärksten betroffen.

Hinter diesen Zahlen stehen echte Menschenleben – deren Zukunft ist ungewiss. Alle Krisenregionen sind von den Kürzungen betroffen. Im Tschad und Südsudan müssen Transfers neu ankommender Flüchtlinge aus Grenzregionen in sicherere Gebiete ausgesetzt werden. Tausende Menschen bleiben dadurch in abgelegenen Gegenden gestrandet. In Uganda steigen die Mangelernährungsraten in einigen Aufnahmezentren rasant an. In den Camps für Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch droht der Unterricht für 230.000 Kinder ausgesetzt zu werden. Im Libanon droht das gesamte Gesundheitsprogramm von UNHCR bis Ende des Jahres eingestellt zu werden.

Weltweit wurden finanzielle Hilfe und die Verteilung von Hilfsgütern um 60 Prozent reduziert, die Programme für Unterkünfte drastisch eingeschränkt. Auch Registrierung, Kinderschutz, Rechtsberatung und Schutzmaßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt sind stark betroffen. So mussten im Südsudan 75 Prozent der vom UNHCR unterstützten Schutzangebote für Frauen und Mädchen beendet werden. Bis zu 80.000 geflüchtete Frauen und Mädchen, darunter auch Überlebende sexueller Gewalt, haben nun keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, psychosozialer Betreuung, Rechtsberatung oder Sachleistungen. In mehreren Ländern können Investitionen in Digitalisierung, Stärkung der Asylsysteme und die Förderung von Regularisierungsmaßnahmen nicht weitergeführt werden. Ohne rechtlichen Status leben Flüchtlinge in Ländern wie Kolumbien, Costa Rica oder Mexiko in anhaltender Unsicherheit und wachsender Armut.

In einem dramatischen Appell bittet UNHCR daher weltweit Regierungen und private Förder:innen ihre Beiträge deutlich zu erhöhen, damit die aktuelle Finanzierungslücke geschlossen werden kann.

EU-Türkei: Tödlicher Deal

Eine Studie der IMT School for Advanced Studies in Lucca hat ergeben, dass der 2016 zwischen der Türkei und der EU vereinbarte „Deal“ zur Reduzierung „illegaler Migration“ dazu beigetragen hat, Migrationsreisen auf gefährlichere Routen zu verlagern und so die Zahl der gemeldeten Todesfälle im zentralen Mittelmeer zu erhöhen. Die Autor:innen der Studie analysierten, was ohne dem Abkommen geschehen wäre, insbesondere wie viele Geflüchtete die türkisch-griechische Grenze überquert hätten und wie viele stattdessen alternative Routen gewählt haben. Grundlage hierfür waren monatliche Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex und die Zahl der Opfer, die vom Projekt Missing Migrants der Internationalen Organisation für Migration (IOM) dokumentiert wurden. Zwischen April und Dezember 2016 hätten rund 2.000 Migrant:innen durch die Ägäis flüchten können, stattdessen wurden sie über die gefährlichere Route durchs zentrale Mittelmeer umgeleitet. Die Sterblichkeitsrate entlang der zentralen Mittelmeerroute hat sich nach dem Abkommen fast verdoppelt. „Unsere Arbeit unterstreicht die Notwendigkeit globaler Strategien“, erklärte Irene Tafani, eine der Autor:innen der Studie. „Bilaterale Abkommen ohne umfassendere Koordination könnten Migrationsströme lediglich verlagern und gefährdete Bevölkerungsgruppen auf noch gefährlichere Routen drängen“, fügte sie hinzu.