Liebe Leser:innen,
Anfang März wurde Bundeskanzler Christian Stocker und seine „Koalition der letzten Chance“ vom Bundespräsidenten angelobt. Seither versuchen die Politiker:innen der drei Koalitionsparteien, ein Bild des unaufgeregten Miteinanders unter dem Motto „sich gegenseitig Erfolge gönnen“ zu geben. Was dies für die Asyl- und Integrationspolitik bedeutet, war von Anfang an klar: „Die ÖVP regiert“, wie Lukas Gahleitner-Gertz in seiner Analyse des ersten Halbjahrs Schwarz-Rot-Pink feststellt. Politik wird weiter auf den Rücken Schutzsuchender gemacht. Die FPÖ kann sich zurücklehnen – die Regierung setzt ihre Politik um, die Bürger:innen werden auch beim nächsten Mal den Schmid FPÖ wählen und nicht den Zauberlehrling ÖVP.
Apropos Zauberlehrling, mit ihren Aussagen über „große Familien, die weder Russisch noch Ukrainisch sprechen“ und „Gelder ausnutzen“, gab Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) den Startschuss für eine Kampagne gegen aus der Ukraine vertriebene Rom:nja, die jetzt im Sommer in der FPÖ-Headline „Immer mehr Z…-Großfamilien wegen Ukrainer-Verordnung“ gipfelte.
Wir schauen uns in dieser Nummer der asyl aktuell an, welche Probleme es bei der Aufnahme von großen Familien aus der Ukraine gibt, und welche Rolle Antiziganismus dabei spielt. Julian Kondur von der Romastiftung Chirikli in Kyiv berichtet über die Lage der Minderheit in der Ukraine.
Rechtfertigen möchte die ÖVP-Regierungsriege mit ihrer Kampagne vor allem die für Ende Oktober geplante Abschaffung der Familienbeihilfe für ukrainische Vertriebene. Eva Reithofer-Haidacher hat sich bei Betroffenen umgehört, was diese Pläne für sie bedeuten.
Die größte Vertriebenenkrise der Gegenwart spielt sich allerdings nicht in Europa ab, sondern in Ostafrika, namentlich im Sudan. UNHCR-Mitarbeiter Mathis Wichmann war in den Flüchtlingslagern im Südsudan und wurde nicht nur Zeuge der fast aussichtslosen Lage der Vertriebenen, sondern auch eines in unseren Medien bisher unbeachteten ökologischen Desasters.
Die Berichterstattung über die EU-Asylgesetzgebung setzen wir mit einer Analyse von asylkoordination Juristen Sebastian Sperner und Jakob Fux fort. Diesmal geht es um die Neuordnung des EU-Rückführungsregimes.
Wofür KI im Asylbereich eingesetzt wird und was diesbezüglich noch kommen könnte, hat ein Team von Wissenschafterinnen der Uni Graz untersucht. Wir haben sie in unserem Interview zu ihren Ergebnissen und Prognosen befragt.
Ich hoffe, Sie haben einen erholsamen Sommer und konnten Kraft tanken. Wir werden sie brauchen für die kommenden politischen Auseinandersetzungen. Unterstützen Sie uns weiter dabei, bittet Ihr Herbert Langthaler.

